2.11 Betriebliches Eingliederungsmanagement
(BEM)
Sind Mitarbeiter innerhalb von 12 Monaten länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, hat der Arbeitgeber das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) nach Sozialgesetzbuch (SGB) IX § 167 anzubieten. Der Mitarbeiter kann dies jedoch ablehnen.
Der Betriebsarzt kann unterstützend hinzugezogen werden.
Seit 2004 sind Arbeitgeber verpflichtet, länger erkrankten Beschäftigten ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (kurz: BEM) anzubieten. Das BEM dient dem Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und ist ein Instrument, um den Folgen des demographischen Wandels wirksam zu begegnen. Gleichzeitig sichert das BEM durch frühzeitige Intervention die individuelle Chance, den Arbeitsplatz zu behalten.
Handlungsbedarf besteht, wenn ein Mitarbeiter innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig ist (§ 167 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – SGB IX).
Dann hat der Arbeitgeber das BEM anzubieten.
Ziele eines BEMs
Der Unternehmer klärt mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeit,
- wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden kann,
- mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden kann und
- wie der Arbeitsplatz erhalten werden kann.
Wie diese Klärung im Detail auszusehen hat, gibt § 167 Absatz 2 SGB IX bewusst nicht vor. In jedem Betrieb und in jeder Dienststelle sind angemessene individuelle Lösungen zu finden. Gesetzlich vorgegeben ist – bei Zustimmung des Betroffenen – lediglich die Beteiligung der zuständigen Interessenvertretung der Beschäftigten (Betriebs- oder Personalrat), bei schwerbehinderten Beschäftigten außerdem die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung. Weiter sollen der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen werden, wenn dies erforderlich ist. Soweit für die Überwindung der Arbeitsunfähigkeit und der Vorbeugung erneuter Erkrankung Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht kommen, soll der Arbeitgeber außerdem die örtlichen Gemeinsamen Servicestellen der Rehabilitationsträger, oder – bei schwerbehinderten Menschen – das Integrationsamt beteiligen.
Für den Arbeitgeber rechnet es sich, weil es die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten fördert, Fehlzeiten verringert und damit Personalkosten senkt. In Zeiten des Fachkräftemangels ist das BEM aber auch ein wichtiges Instrument, um das krankheitsbedingte Ausscheiden von Beschäftigten zu verhindern.
Für die betroffenen Beschäftigten selbst ist BEM ein Angebot, das vor Arbeitslosigkeit oder Frühverrentung schützen kann. Beim BEM wird oftmals im Laufe des Verfahrens eine angemessene Beschäftigungsmöglichkeit entdeckt und Hilfen ausfindig gemacht, mit denen die Arbeitsunfähigkeit überwunden und damit die (Weiter-)Beschäftigung gesichert werden kann. Zum BEM gezwungen werden die Beschäftigten nicht. Die Teilnahme ist immer freiwillig.
BEM und Kündigungsschutz
Inzwischen ist das BEM Gegenstand zahlreicher (vor allem arbeits-)gerichtlicher Entscheidungen geworden. Das Bundesarbeitsgericht hat die kündigungsschutzrechtliche Bedeutung des BEM herausgearbeitet (Vergl. Bundesarbeitsgericht Urteil vom 10.12.2009 – 2 AZR 400/08). Demnach ist die Durchführung eines BEM zwar keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung. Die Verpflichtung des Arbeitgebers, ein BEM durchzuführen, stellt aber eine Konkretisierung des dem gesamten Recht des Kündigungsschutzes innewohnenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. Denn das BEM hat das Ziel, Maßnahmen zu identifizieren, die ein milderes Mittel gegenüber einer Kündigung darstellen (etwa die technisch / organisatorische Umgestaltung des Arbeitsplatzes, eine stufenweise Wiedereingliederung). Verzichtet ein Arbeitgeber – entgegen seiner Verpflichtung nach § 167 Absatz 2 SGB IX – vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung darauf, diese milderen Alternativen zu einer Kündigung zu identifizieren, liegt bei ihm die Beweislast, dass auch bei Durchführung eines BEM das Arbeitsverhältnis nicht hätte erhalten werden können.
Das bedeutet, dass ein Arbeitgeber, der vor der krankheitsbedingten Kündigung eines Arbeitnehmers kein BEM durchführt, einem erheblichen Risiko ausgesetzt ist, einen nachfolgenden Kündigungsschutzprozess zu verlieren.
Datenschutz
Vertrauen ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass individuelle Lösungen für einen barrierefreien Arbeitsalltag gefunden werden können. Deswegen steht der Datenschutz an erster Stelle. Der Arbeitnehmer kann das BEM-Verfahren jederzeit abbrechen und später auch wieder neu anfangen.
Alle am BEM-Verfahren beteiligten Personen unterliegen dem Datenschutz. In der Personalakte wird nur vermerkt, dass es ein BEM-Verfahren gibt. Die BEM-Akte muss separat von der Personalakte aufgehoben werden. In der BEM-Akte sollte der formale Rahmen des BEM-Verfahrens festgehalten werden, damit der Betrieb dokumentieren kann, dass er den gesetzlichen Bestimmungen des § 167 II SGB IX nachgekommen ist. Dazu gehört z. B. das Angebot und die Zustimmung oder Ablehnung des BEM-Verfahrens durch den Arbeitnehmer.
Unterstützung zum Thema BEM erhalten Sie auch bei der BGN: Die Experten der BGN
- informieren Sie über die Möglichkeiten des betrieblichen Eingliederungsmanagements,
- helfen bei Fragen zur Einführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements,
- beraten Sie bei Fragen zu Arbeitsplatzanpassungen aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen,
- unterstützen Sie auf Wunsch bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen und schlagen Verbesserungs-/Anpassungsmöglichkeiten vor,
- informieren Sie über mögliche Leistungen der einzelnen Rehabilitationsträger und helfen gegebenenfalls bei der Suche der richtigen Ansprechpartner.
Sie erreichen die BEM-Experten über die BGN-Hotline:
Tel. 0621 4456-1553 oder
E-Mail bem@bgn.de
https://www.bgn.de/versicherung-leistungen/service/betriebliches-eingliederungsmanagement/